Hintergrund:
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine Gegenleistung wird nur berücksichtigt, wenn sie tatsächlich entstanden, rechtlich durchsetzbar und in Geld bewertbar ist.
Gemäß § 7 Abs. 3 ErbStG werden Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung einer Bereicherung nicht berücksichtigt.
Bereits in früheren Entscheidungen (BFH-Urteil vom 17.10.2007, Az. II R 53/05; BFH-Urteil vom 01.09.2021, Az. II R 40/19) hatte der BFH klargestellt, dass der Verzicht auf mögliche, künftige Zugewinnausgleichs- oder Unterhaltsansprüche keine Gegenleistung im schenkungsteuerrechtlichen Sinn darstellt.
Sachverhalt:
Der Kläger schloss mit seiner späteren Ehefrau vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag. Darin wurde u.a. der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart. Dieser wurde jedoch für alle Fälle der Beendigung der Ehe – außer beim Tod des Klägers – ausgeschlossen und der Höhe nach begrenzt. Im Ehevertrag wurde zudem auf einen Versorgungsausgleich, nachehelichen Unterhalt sowie Hausratsteilung verzichtet.
Als Ausgleich verpflichtete sich der Kläger, seiner Ehefrau ein Grundstück im Wert von mindestens 6 Mio. € zu übertragen. Die Grundstücksübertragung erfolgte nach der Eheschließung wie vereinbart, woraufhin das Finanzamt Schenkungsteuer von rund 830.000 € festsetzte. Der Kläger wandte sich mit dem Einspruch dagegen: Die Grundstücksübertragung sei keine Schenkung, sondern eine Gegenleistung für die ehevertraglichen Verzichte seiner Ehefrau. Ohne diese Ausgleichszahlung wäre der Ehevertrag sittenwidrig gewesen. Auch die nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingereichte Klage hatte vor dem FG Hamburg (Az. 3 K 136/19) keinen Erfolg. Schließlich wurde die Revision beim BFH beantragt.
Entscheidung des BFH:
Der BFH wies die Revision zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Der BFH stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass der Verzicht auf zukünftige nacheheliche Ansprüche keine rechtlich relevante Gegenleistung im Sinne des Schenkungsteuerrechts darstellt. Denn solche Ansprüche – wie beispielsweise Zugewinnausgleich oder Unterhalt – würden frühestens bei Beendigung der Ehe entstehen und seien vorab weder sicher noch bezifferbar. Da der Kläger im Ergebnis das betrachtete Grundstück ohne Gegenleistung übertrug, liege eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Dem stünde auch § 7 Abs. 3 ErbStG nicht entgegen, da die verzichteten Ansprüche gerade nicht verlässlich in Geld bewertbar seien.
Ein etwaiger Irrtum des Klägers, dass er zur Übertragung des Grundstücks verpflichtet gewesen sei, ist nach Auffassung des BFH unbeachtlich. Der BFH verneinte zudem verfassungsrechtliche Bedenken und stellte fest, dass weder der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG in Bezug auf tatsächlich entstandene Zugewinnausgleichsansprüche noch der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG der Schenkungsteuerpflicht im vorliegenden Fall entgegenstehen würden. Die verfassungsrechtliche Prüfung habe keine Regelungslücken oder -verzerrungen ergeben, die eine Befreiung von der Steuerpflicht rechtfertigen würden – die Schenkungsteuer treffe alle freigebigen Zuwendungen unabhängig vom familiären Status.
Praxisrelevanz:
Der BFH bestätigt mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung und betont den Unterschied zwischen einer Pauschalabfindung und einer Bedarfsabfindung, der für die steuerrechtliche Beurteilung von besonderer Relevanz ist.
Bei der Pauschalabfindung erfolgt der ausgleichende Vermögenstransfer vorab und ohne die Erfüllung einer gewissen Bedingung. Hierdurch wird regelmäßig Schenkungsteuer fällig. Im Gegensatz dazu steht die Bedarfsabfindung, welche vertraglich durch den Ehevertrag festgelegt wird. Der Anspruch entsteht jedoch erst mit Beendigung der Ehe, sodass keine sofortige unentgeltliche Zuwendung vorliegt. Folglich fällt bei Bedarfsabfindungen regelmäßig keine Schenkungsteuer an.
Fazit:
Das vorliegende BFH-Urteil bringt zum Ausdruck, dass Eheverträge mit Abfindungsregelungen einer sorgfältigen Gestaltung bedürfen. Eine steuerliche Prüfung vor Abschluss des Vertrags bringt Klarheit und hilft dabei, unnötige Schenkungsteuer zu vermeiden.